Wertebasiertes ESG
Unternehmensethik im 21. Jahrhundert

15. Was sind Werte?

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15.1 Definition

Wertvorstellungen sind erstrebenswerte, moralisch oder ethisch als gut befundene spezifische Wesensmerkmale von Personen innerhalb einer Wertegemeinschaft. Aus bevorzugten Werten und Normen entstehen Denkmuster, Glaubenssätze und Handlungsmuster sowie eine dementsprechende Geisteshaltung.

Begriffe für Werte sind meist Substantive, die moralisch gut empfundene Eigenschaften verkörpern. Sie symbolisieren spezifische Sittlichkeit und beschreiben die zwischenmenschliche Qualität von Charaktereigenschaften und Nutzen stiftenden Merkmalen.

15.2 Differenzierung der Begriffe „Wert“ und „Werte“

Das Substantiv „Wert“ (Einzahl) bedeutet, den meist objektiv oder selten subjektiv gemessenen Gehalt, Preis, Menge, Dimension einer Sache, eines Produktes mit bestimmten Eigenschaften zu bestimmen, beispielsweise gemessen in Geldwert (Münzen, Scheine, Aktien, Briefmarken, Produkte, Dienstleistungen) oder auch physikalische, mathematische, medizinische, architektonische, technische und statistische Werte wie Koordinaten, Gewicht, Größe, Volumen, Temperatur, Energielevel, Speichermenge, Geschwindigkeit, Beschleunigung und vieles mehr.

Kurz: Der „Wert“ an sich ist das Ergebnis einer Messung. Er besitzt im optimalen Falle eine Einheit* und eine Skalierung**.

Erst der Begriff „Werte“ (Mehrzahl) wird auch – und heute insbesondere – in Verbindung mit menschlichen „Wertvorstellungen“ bzw. Wertesystemen verwendet.

* Einheit: terminologischer Begriff (z. B. Temperatur, Blutdruck, Geschwindigkeit, Umsatz, Freizeit etc.)

** Skala: Zahlenwerte, mit Einteilung in bewertender Form = Benchmarking = „Maßstäbe vergleichen“ (z. B. fachterminologisch festgelegte Zahlenwerte, Angaben in Prozent, Schulnoten, +/- etc.

15.3 Beschreibung im Kontext von ESG

Eine Lebensgemeinschaft (Kultur) prägt Werte und gibt sie weiter. Daraus entstehen kollektive Rituale und individuelle Verhaltensweisen zum Schutz oder zur Weiterentwicklung der jeweiligen Gruppe und/oder Sub-Gruppe.

Da Werte als wichtig und sinnstiftend gelten, werden diese vom Einzelnen entweder eingefordert oder selbst „gelebt“ (vorgelebt). Das Vorgeben von Werten ist in Gemeinschaften den „Älteren“ und den „Gebildeten“ zugeordnet und/oder vorbehalten, da sie die Aufgabe haben, bestimmte Werte zu überliefern. Wobei das Vorleben oder auch Einfordern von Werten durch alle Altersschichten individuell praktiziert werden kann, insbesondere auch dann, wenn es durch hierarchische Ebenen (zugewiesene Kompetenzbereiche) praktiziert wird.

Ein „voneinander Lernen“ und ein „sich gegenseitig inspirieren“ ist hier prinzipbedingt hilfreich und befruchtend.

Wenn Werte auf diese Weise transportiert werden, entstehen sogenannte Wertegemeinschaften auf unterschiedlichsten Ebenen. Bei einigen solcher kulturellen Gemeinschaften – insbesondere Nationen – wird eine sogenannte „Leitkultur“* eingefordert.

* Leitkultur: System gesellschaftlicher und kultureller Eigenschaften, an denen sich ein Land oder eine Nation orientieren soll; vgl. https://www.values-academy.de/leitkultur

Aus den von einer Gemeinschaft präferierten Werten werden sogenannte Wertesysteme* – oder besser (hier) „Soziokulturelle Wertesysteme“: selbst aufgestellte Wertesysteme von Gruppen von Menschen (Organisationen, Staaten, Staatenbündnisse) wie sie z. B. in Satzungen, Verfassungen, Leitbilder oder Mission Statements als normativer Rahmen zusammengefasst sind.

* Vgl. https://www.values-academy.de/was-sind-wertesysteme

So können wir die drei Bereiche von ESG mit Werten bestücken, die einen derartigen normativen Rahmen so ausdrücken, dass sie besser verstehbar und auch messbar (siehe oben) sind.

Wir haben eine Zuordnung im Kapitel „Was sind die wichtigsten ESG-Werte und Wertesysteme?“ vorgenommen.

15.4 Praktisch philosophische Begründung

Wertesystemisch betrachtet ist ESG ein demokratisches Instrument, das auf der einen Seite einer weitsichtigen Vision entspringt und auf der anderen Seite mit rechtsstaatlichen Mitteln implementiert werden soll.

Dabei können wir eine dezidierte Intention identifizieren, die vom Wesen her dem „Kategorischen Imperativ“* von Kant folgt.

Der „Kategorische Imperativ“ lautet:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Immanuel Kant (1724–1804); aus „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785)

Somit bilden die ursprünglich festgelegten ESG-Kriterien den Rahmen und die Maxime, also das „Warum“ (Motiv, Beweggrund) und die nun zu bestimmenden Werte das „Wie“.

* „Kategorischer Imperativ“: Wird als „Bestimmung des guten Willens“ von Immanuel Kant in der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785) erstmals vorgestellt und in der „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788) ausführlicher beschrieben.

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